Droht nach dem Lockdown eine Inflation?

von Werner Müller,
im November 2020 auf https://www.prof-mueller.net/inflation/vertrauen/


Die Mehrheit der Menschen interessiert sich mehr für die wirtschaftlichen Folgen der Krise als für den R-Faktor und die Zahlen der Neuinfektionen. Gerade in Deutschland fragt man sich, ob das mit den gigantischen Hilfsprogrammen, die zunächst mit neuen Schulden finanziert werden, lange gutgehen kann. Die Inflation von 1923 ist fast 100 Jahre her, aber sie hat sich ins kollektive Gedächtnis des Volkes eingebrannt.

Am 03.07.20 schrieb Matthias Hochstätter in FOCUS-Online: „Führen höhere Staatsausgaben und Steuersenkungen automatisch zu Preissteigerungen? Noch ist keine Inflation in Sicht. Aber das dicke Ende kann uns noch bevorstehen.“ (https://www.focus.de/finanzen/boerse/experten/ inflation-die-geld-flut-wird-wie-ein-tsunami-zuschlagen_id_12166805.html) Als Gegenmeinung kann Holger Schmieding im Handelsblatt vom 16.07.20 zitiert werden: „Wenn die Zentralbank mehr Geld in den Kreislauf pumpt, muss das nicht unbedingt zu mehr Inflation führen. Das haben schon vergangene Krisen gezeigt. … Zu den deutschen Eigenarten gehört es, in jeder Krise gleich große Inflationsgefahren zu wittern.“ (https://www. handelsblatt.com/meinung/kolumnen/querdenker/kolumne-querdenker-warum-die-corona-inflation-ausfaellt/25999180.html?ticket=ST-2091206-rp5LEoPqSfWp2Haj9fif-ap5) Verkürzt gesagt: „das kann doch nicht gutgehen“ steht gegen „das hat doch noch immer funktioniert“!

Wer hat Recht?


Anders als beim Diskussionsstil der virologischen Fachidioten (Wikipedia: „ein Experte .., der eine Problematik nur aus der Perspektive seines Fachgebietes kennt“) um Prof. Drosten und des RKI-Ober-Tierarztes Prof. Wieler (Die Ärzte: „Männer sind Schweine“) will sich der Verfasser hier für die breite Masse der Bürger verständlich ausdrücken und nicht in der ökonomischen Fachwelt glänzen.
 
Statistiken zur Lage der Wirtschaft werden in Geld dargestellt. Geld vermittelt ein genaues Bild. Wir müssen aber immer daran denken: Es ist ein Spiegelbild!

Als die Menschen vor 12.000 Jahren von Jägern und Sammlern zu Ackerbauern und Viehzüchtern wurden, haben sie Sachen gegen Sachen, Arbeit gegen Arbeit, oder Arbeit gegen Sachen getauscht. Es wurde zwischen einfacher und schwieriger Arbeit, geringwertigen oder hochwertigen Sachen unterschieden. Mit der Erfindung des Geldes als einer Zwischenware ohne eigenen Gebrauchswert wurde die Möglichkeit geschaffen, die Wertunterschiede genauer auszudrücken. Und das Geld hat eine Wertaufbewahrungsfunktion geschaffen. Erdbeeren kann man nicht lange lagern, Arbeitskraft überhaupt nicht. Wer vor 10.000 Jahren für die Hilfe bei der Ernte mit Erdbeeren bezahlt wurde, hat sie schnell gegessen. Wer heute mit Geld bezahlt wird, kann es sofort konsumieren, oder Wochen später. Aus der Sicht der Jungsteinzeit arbeitet dieser mit Geld bezahlte Mensch umsonst, aber später konsumiert er umsonst.

Der Erdbeerbauer der Jungsteinzeit konnte die Früchte, die er nicht allein essen konnte, auch gegen Weizen tauschen, der länger aufbewahrt werden konnte. Bei einer reichen Ernte bekam er aber weniger Weizen für einen Korb Erdbeeren, als wenn sie knapp und begehrt waren. Angebot und Nachfrage bestimmten schon ohne Geld den Preis.

Schon vor 12.000 Jahren konnte der Bauer konsumieren oder investieren. So konnte er eine Bewässerung zu seinem Acker legen um die Ernte zu erhöhen. Dann würde aber seine andere Arbeit liegenbleiben. Oder er könnte Arbeiter bezahlen, die ihm beim Bau der Anlage helfen würden. Hätte er dafür keine ausreichenden Weizenvorräte, müsste er sie später aus den besseren Ernten des bewässerten Ackers bezahlen. Diese Vereinbarung hätten die Arbeiter aber nur bei einem höheren Lohn akzeptiert – sie hätten also einen Zinsaufschlag gefordert, auch ohne Geld. Nach der Erfindung des Geldes hätte der Bauer ein Darlehen aufgenommen, die Arbeiter sofort bezahlt und es dem Gläubiger aus den höheren Erträgen des bewässerten Feldes das Geld mit Zinsen zurückgezahlt.

Das Geld hat den Tausch von Leistung und Gegenleistung nicht ermöglicht, sondern nur wesentlich vereinfacht und damit die gesellschaftliche Arbeitsteilung angeheizt. Geld muss eine Ware ohne eigenen Gebrauchswert sein (nach der es keine eigenständige Nachfrage gibt), die nicht beliebig produziert werden kann (also nur aus dem Tauschvorgang zu erwerben ist). Und sie muss lagerfähig sein, damit Leistung und Gegenleistung (in Naturalien) nicht nur sofort, sondern auch zeitversetzt erfolgen können. Henry Ford wird das Zitat zugeschrieben: „Reich wird man nicht durch das, was man verdient, sondern durch das, was man nicht ausgibt.“ (https://www.gutzitiert.de/zitat_autor_henry_ford_thema_reichtum_zitat_2716.html) Man kann philosophisch fragen, ob ein Mensch wirklich reich ist, wenn er sein Geld nur anhäuft, aber nicht ausgibt. Der Verfasser, der 1986 und 1987 seine Diplomprüfungen in Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre bestanden hat, würde das Ford-Zitat den Betriebswirten zuordnen, während die Volkwirte den Reichtum einer Gesellschaft an dem ausgegebenen Geld messen – also als Spiegelbild. Donald Trump hat nicht verstanden, dass die USA einen Vorteil aus den chinesischen Warenlieferungen hatten, die sie noch nicht mit eigenen Warenlieferungen bezahlt haben. Der Nachteil besteht nur darin, dass die US-Wirtschaft nicht mehr konkurrenzfähig ist, und dass das nicht ewig so weitergehen kann. Aber was macht China, wenn seine Dollar-Reserven in einer Inflation wertlos würden?

Man kann bei der Funktion des Geldes somit zwischen dem Tauschmittel und dem Wertaufbewahrungsmittel unterscheiden. Die Geldmenge M3 (einschl, kurzfristige Geldanlagen bis 3 Monate) beläuft sich im Euro-Raum auf 109,1 % des Bruttoinlandsprodukts als Maßstab der Wirtschaftsleistung (wieder ein Spiegelbild). Das betrug 2019 41.342 € pro Kopf; durchschnittlich hatte also jeder Bürger eine kurzfristige Geldreserve von 45.100 €, davon 4.240 € in bar. Weil Gehalt, Mieten und anderes überwiegend monatlich abgerechnet werden, hätten als Tauschmittel etwa 8,33 % des Bruttoinlandsprodukts (= 3.445 €) ausgereicht. Die verbleibenden 41.655 € (= 92,4 %) sind demnach Wertaufbewahrungsmittel. Die müssen nicht in Tresoren oder unter dem Kopfkissen liegen (bei nur 9,4 % Bargeld geht das auch nicht), sie zirkulieren aber auf den Finanzmärkten und nicht auf den Gütermärkten. Und diese 41.655 € pro Person sind nur die inländische Geldmenge die lediglich aufbewahrt wird. Wer als Tourist bei einer Ein- oder Ausreise mindestens 5.000 € Bargeld dabei hat, muss diese beim Zoll anmelden. Der erstellt eine Geldwäscheverdachtsmeldung und die Bundesbank verbucht den Vorgang bei der Geldmenge M1 als Zu- oder Abgang. Trotzdem ist die Ein- und Ausfuhr von Bargeld unbegrenzt möglich. Auch Auslandsüberweisungen sind – abgesehen von den Bankgebühren – kein Problem.

Die Tauschmittel werden gegen Waren und Arbeit getauscht, die Wertaufbewahrungsmittel werden aber auf Finanzmärkten gehandelt. Der Zinssatz vergütet unter normalen Bedingungen das Risiko der Geldanlage, den Wertverlust durch Inflation und den Verzicht, das Geld in der nächsten Zeit selbst ausgeben zu können. Aber auch hier gelten die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Die ausgeweitete Geldmenge ließ die Zinsen sinken. Die Inflation wird aktuell nicht mehr ersetzt. Das schafft eine latente Bereitschaft zur Flucht in Sachwerte. Gleichzeitig wird die Risikobereitschaft gefördert. Es können spekulative Blasen entstehen.
 

wie im Hafen von Beirut!


Niemand hat einen Überblick, welche Geldmenge in den letzten 17,5 Jahren seit der Euro-Einführung ins Ausland abgeflossen ist. Weil der Euro dort kein offizielles Zahlungsmittel ist, dient dieses Geld fast ausschließlich der Wertaufbewahrung, z.B. wenn die Bürger der Stabilität ihrer eigenen Währung misstrauen. Am 14.06.2012 schrieb der Stadtspiegel Bottrop ohne Quellenangaben: „Da lagern alleine in den internationalen Steueroasen über 11,5 Trillionen Dollar, die an dem Fiskus vorbei in Sicherheit gebracht wurden. Da existieren allein 55 Billionen Dollar so genanntes vagabundierendes Kapital, das über die Investment-Fonds, Hedges Fonds und Private-Equity-Fonds sich auf die lukrativsten und profitabelsten Anlagemöglichkeiten stürzt. Im Bereich des Derivatehandels (z.B. Spekulationen mit Nahrungsmittel und Rohstoffen) wurden bereits 2010 insgesamt über 600 Billionen Dollar umgesetzt und bei den Devisenumsätzen handelt es sich um eine Summe von 950 Billionen $. (https://www.lokalkompass.de/bottrop/c-politik/boersenfinanztransaktionssteuer-oder_ a178419) Ende 2019 waren sogar noch 12,45 Mrd. D-Mark im Umlauf (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/166196/ umfrage/d-mark-im-umlauf/) und auch hier weiß niemand, wo sich dieses Geld befindet.

Dieses Geld – auch das aus den Steueroasen – zirkuliert auf den internationalen Finanzmärkten, und die sind unberechenbar. Ob die Märkte einem Land und seiner Währung vertrauen oder misstrauen, ist manchmal von Kleinigkeiten abhängig.

Das Argument, es habe doch immer gut funktioniert, leuchtet auf den ersten Blick ein. Mit dem Anleihenkaufprogramm der EZB wurde die Geldmenge 2019 (M3) gegenüber 2014 um 25,8 % ausgeweitet, die Lebenshaltungskosten sind in diesen 5 Jahren aber nur um 5 % gestiegen. Im Hafen von Beirut lagerten auch 6 Jahre lang 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat, ohne dass sie explodierten! Dabei gehört „Ammoniumnitrat nicht zu den eigentlich explosionsgefährlichen Stoffen im Sinne des Sprengstoffgesetzes.“ (Wikipedia, 08.08.20) … Warum soll man den Experten nicht glauben?

Allein im März 2020, also vor der Krise, ist die Geldmenge im Euroraum gegenüber Februar schon um 2,5 % gestiegen. „Vor allem muss man beachten, dass die Geldmengen in den Volkswirtschaften in einer Phase ansteigen werden, in der die Produktionsleistung zurückgegangen ist. Die zunehmende Geldmenge trifft also auf ein verringertes Güterangebot. Und das heißt, der Geldmengenzuwachs fällt noch größer aus, als es der Zuwachs der Geldmenge (absolut gerechnet oder in Prozent ausgedrückt) nahelegt.“ (Thorsten Polleit, Staaten und Notenbanken legen die Basis für die nächste große Geldentwertung, https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/boerse/staaten-und-notenbanken-legen-die-basis-fuer-die-naechste-grosse-geldentwertung_ H896168186_11892441/)

Die als Tauschmittel eingesetzte Geldmenge und die Wirtschaftsleistung sollten sich in einem Gleichgewicht befinden. Das Problem ist aber, dass die Geldmenge eine Zeitpunktgröße ist. Sie wird jeweils am Monatsende gemessen und schließlich zu einem Jahresdurchschnitt verdichtet. Die Wirtschaftsleistung wird dagegen in einem Zeitraum erbracht – ein Vergleich von Äpfeln und Birnen. Für den Gleichgewichtszustand ist deshalb die Umlaufgeschwindigkeit entscheidend. 1923 wurde die Inflation erst richtig befeuert, als die Menschen jeden Geldschein, den sie in die Finger bekamen, sofort in ein Geschäft brachten um damit einzukaufen – am nächsten Tag war er nichts mehr wert! Hinzu kam, dass bald niemand mehr für wertloses Papiergeld arbeiten oder Waren verkaufen wollte. Damit sank auch die Wirtschaftsleistung.

 


Aktuell haben die Menschen keine Lust, mit der Maske ausgedehnt shoppen zu gehen. Sie arbeiten im Supermarkt ihren Einkaufszettel ab und wollen schnell wieder frei atmen. Die Angst um den Arbeitsplatz oder den eigenen Kleinbetrieb hält sie von größeren Anschaffungen ab. Damit verlangsamt sich im Moment die Umlaufgeschwindigkeit. Es liegt aber mehr als das 12fache der nachfragewirksamen Geldmenge kurzfristig bereit, um nach der Auslösung von Inflationsangst die Flucht in die Sachwerte anzutreten. Daneben gibt es noch ein international vagabundierendes Kapital in unbekannter Höhe. Die auf Euro-Konten geführten Beträgen können nur im Euro-Raum in Sachwerte flüchten, und was passiert, wenn die USA ihre Probleme mit einer Ausweitung der Geldmenge lösen wollen?

Bis zur Wahl wird man den Steuerzahlern nicht sagen, wie sie die enormen Schäden bezahlen sollen. Es ist nur klar, dass es am Steuerzahler hängenbleiben wird, und dass 1 Bio. € im Durchschnitt 50.000 € für eine vierköpfige Familie sind. Bis zur Bundestagswahl (Frau Merkel gibt den Zeittakt an) wird die EZB die Geldmenge erhöhen, die moderne Form des Gelddruckens. Mit der traditionellen Form des Gelddruckens hat Deutschland im Jahr 1923 seine Erfahrungen gemacht. Am 15.11.1923 wurden mit der Einführung der Rentenmark 12 Nullen gestrichen; also aus einer Billion wurde eine Mark. So schlimm wird man es nicht kommen lassen. Polen hat am 01.01.1995 nur 4 Nullen gestrichen, und beim Euro wäre man schon mit 3 Nullen zufrieden.

Wäre das nicht gewollt, dann müsste die Politik die internationalen Kapitalmärkte rechtzeitig beruhigen. Der Goldpreis hat bereits einen historischen Höchststand erreicht. Diese Beruhigung wäre aber mit klaren Ansagen an die Steuerzahler verbunden, und die sind gleichzeitig Wähler. Denen will man erst nach der Wahl reinen Wein einschenken, also bleiben die Kapitalmärkte nervös! Vielleicht kann man die Situation mit dem Ammoniumnitrat im Hafen von Beirut vergleichen. Von allein explodiert es nicht, aber was ist, wenn es nebenan brennt?
 

Wie beginnt eine Inflation?


Die Auslösung einer Inflation, ob absichtlich oder versehentlich, ist in verschiedenen Szenarien möglich. Hier soll einmal eine nicht unrealistische Variante durchgespielt werden:

Zunächst will die Regierung versuchen, eine langfristige Finanzierung der enormen Defizite zu organisieren. Wegen der latenten Inflationsgefahr (mit der Geldpolitik der EZB der letzten 12 Jahre wurde die Geldmenge schon vor der Krise stark ausgeweitet) wird der Kapitalmarkt aber nur eine kurzfristige Finanzierung anbieten. Dann wird man mit einigem Werbeaufwand die Bürger anpumpen und Corona-Obligationen mit langer Laufzeit und hohen Zinsen anbieten. Die Werbung wird das als Wohltat anpreisen, dass man den Bürgern zur Ausgleich für die Belastungen endlich wieder einmal ordentliche Zinsen anbieten möchte. Die Werbung wird betonen, dass man diese Obligationen nur an Privatleute und nicht an institutionelle Anlegern verkaufen wird. Die würden sie aber wegen der Inflationsgefahr ohnehin nicht kaufen, was die Werbung nicht sagen wird. Die Sparer sind damit in der Falle.

Der Kapitalmarkt wird für das international vagabundierende Kapital verstärkt Fonds konstruieren, die in Sachwerte investieren. Der Goldpreis ist schon auf einem Allzeithoch, für Spekulanten also nicht mehr attraktiv. Vielleicht könnte man den Bauern ihr Ackerland abkaufen und ihnen langfristig zurückverpachten. Eine Pachterhöhungsklausel mit Orientierung an den Lebenshaltungskosten ist bei solchen Verträgen mit Laufzeiten über maximal 99 Jahre unverdächtig. Die Anleger hätten dann eine Inflationssicherung, und die Bauern würden den Verkaufserlös vielleicht in Corona-Obligationen investieren, bei denen sie aus den Zinserträgen ihre (aktuelle!) Pacht zahlen und noch einen Gewinn machen würden. Ein großer Teil des Geldes würde aber auch in die Betriebe investiert oder konsumiert, also inflationswirksam auf den Gütermärkten ankommen. Damit wären die Bauern nach einer Inflation ihr Land los. Die Wertsteigerung hätten die Kapitalanlagegesellschaften realisiert. Ein anderes Modell wäre, dass alten Menschen ihre Häuser gegen ein lebenslanges Wohnrecht verbunden mit einer lebenslangen Rente abgekauft wird. Eine Inflation würde die Rente entwerten und die Eigenheime wandern vom Privateigentum ins Eigentum von Finanzinvestoren. Für dieses Modell wird schon im Fernsehen geworben. In beiden Varianten würde die von der EZB seit 13 Jahren massiv ausgeweitete Geldmenge von den Finanzmärkten auf die Gütermärkte fließen, und dort inflationswirksam werden.

Wenn es der Politik in dieser Gemengelage nicht gelingen würde, einen glaubwürdigen Tilgungsplan aufzustellen, wie die Schulden aus Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen zuverlässig zurückgezahlt werden können, müsste die EZB wieder mit einer Ausweitung der Geldmenge (= neues Geld drucken) aushelfen. Diese Pläne müsste es im ganzen Euroraum geben, auch in Italien und Spanien; und in Deutschland stehen Wahlen vor der Tür. Dieses zusätzliche Geld würde auch keine kurzfristige Anlagemöglichkeit auf den Finanzmärkten finden und irgendwann auf die Gütermärkte fließen. Weitere Modelle für Investitionen in Sachwerte würden noch erfunden werden. Bei ersten Inflationsanzeichen würden die auf internationalen Märkten zirkulierenden Euros kurzfristig in den Euroraum zurückfließen und hier die Nachfrage weiter verstärken. Eine Kettenreaktion würde beginnen. Irgendwann würden auch die einfachen Leute ihr Geld schneller ausgeben, bevor die Preise weiter steigen. Sie werden aber immer langsamer sein als die Spekulanten, und die Sparer hätten ihr Geld sowieso verloren.
 
Eine Inflation in Euroland braucht länger als in 1923, weil die Geldmenge auf der ganzen Welt verbreitet ist. Die alte Erkenntnis, wer Geld druckt, verursacht eine Inflation, gilt aber noch immer. Sie kann nur dann verhindert werden, wenn das im Ausland befindliche Geld im Ausland bleibt. Die EZB muss die Ausweitung der Geldmenge also beenden und die Kapitalmärkte beruhigen. Dann könnten aber die Kosten des Lockdowns nicht mehr von der EZB finanziert werden.

Fazit


1923 haben 4 Faktoren zur Inflation geführt, und zwar die erhöhte Geldmenge, die höhere Umlaufgeschwindigkeit, die gesunkene Wirtschaftsleistung und der begrenzte Währungsraum. Aktuell haben wir nur eine erhöhte Geldmenge bei gesunkener Wirtschaftsleistung. Die Umlaufgeschwindigkeit hat sich sogar verlangsamt. Solange der Euro eine international akzeptierte Währung ist, können sich Ungleichgewichte bei Geldmenge und Wirtschaftsleistungen im Ausland verlaufen. Erst wenn die internationalen Finanzmärkte das Vertrauen in den Euro verlieren und nicht mehr in auf Euro lautendende Anleihen investieren würden, wäre die Bedingung des begrenzten Währungsraumes erfüllt. Weil dann sehr viel Geld aus dem Ausland zurückströmen würde und die Menschen dann ihr Geld auch schneller ausgäben, würden danach die 4 Faktoren vorliegen.
 
Das Virus kann keine Inflation verursachen oder auslösen. Die Situation ist mit dem Hafen von Beirut vergleichbar – schon vor Corona! Die starke Ausweitung der inländischen Geldmenge nach Lehman und Griechenland sind in Verbindung mit dem Volumen der internationalen Finanzmärkte ein explosives Gemisch. Es explodiert aber nicht von allein! Die Absicht der Bundesregierung, die Finanzierung der gigantischen Ausgabenprogramme erst nach der Bundestagswahl regeln zu wollen, erhöht die Explosivität des Gemisches. Die internationalen Finanzmärkte sind derzeit aufmerksam, in den nächsten 12 Monaten können sie aber auch nervös werden.

Wie in Beirut könnte ein kleiner Brand eine riesige Explosion auslösen. Vielleicht haben wir Glück, vielleicht auch nicht! Man sollte jetzt lieber nicht mit Feuer spielen.