Siege im Propagandakrieg

von Peter Frey am 31.12.22 auf
https://peds-ansichten.de/2022/12/ukraine-konflikt-opfer-bachmut-wesley-clark/


… sind gefragt, wenn die Realität keine Siege erwarten lässt.

Westliche Medien feierten über Monate Siege gegen Russland auf dem ukrainischen Schlachtfeld. Über den Preis hüllten sie sich im Großen und Ganzen — zumindest hier in Deutschland — in tiefes Schweigen. Denn der Preis stört das Narrativ vom „russischen, tönernen Koloss“ und dem siegreichen Wertewesten. Doch ist dieser Preis real und vor allem ist er blutig. Die Schreibtischkrieger, weit weg von der Front, können das gut ausblenden.

Wie lauteten die Ziele der russischen Militäroperation?

    Schutz der russischen Ethnie (insbesondere in der ehemaligen Ostukraine)
    Entmilitarisierung der Ukraine
    Entfaschisierung der Ukraine

Die russische Führung definierte ihre Ziele zu Beginn der Militäroperation dahingehend, dass die Ukraine deren Rolle als Rammbock der USA/NATO komplett aufgeben müsste. Es ging um eine umfassende Entmilitarisierung und Entfaschisierung. Der ukrainische Nachbar sollte, wenn schon nicht pro-russisch, so doch zumindest neutral und abgerüstet sein. Moskau stellte zu diesem Zeitpunkt nicht den ukrainischen Staat als Völkerrechtssubjekt in Frage. Dass dies heute auch noch gilt, wage ich zu bezweifeln.

Gebietseroberungen sind nie das primäre Ziel der russischen Militäroperation gewesen; Mittel zum Zweck bei der Erreichung oben geannter Ziele schon eher. Gerade in der Ostukraine können wir nun dabei zusehen, wie systematisch die Kampfkraft der NATO-ukrainischen Armee abgebaut wird, ohne dass in diesem Zuge größere Gebiete erobert wurden.

 

Das russische Vorgehen an den ukrainischen Fronten ist ein Krieg, der mit großer Geduld geführt wird, der die eigenen Stärken nutzt, eigene Verluste minimiert und die Fähigkeiten des Gegners auf dem Kriegsschauplatz langsam, aber unaufhörlich auszehrt.



Unsere Massenmedien interessieren sich nicht für diese Realitäten. Sie gehen in ihrer Aufgabe als NATO-Propagandafilialen auf, innerhalb dessen jedes Wort, dass den Mund des redseligen ukrainischen Präsidenten oder die Nachrichtenabteilungen des britischen Geheimdienstes verlässt, ungeprüft wie unkritisch an das die Nachrichten konsumierende Publikum weiterzureichen ist. Danach würden tausende und abertausende russische Soldaten beim Sturm auf (zum Beispiel) Artjemowsk (Bakhmut, Bachmut) in den Tod rennen (1). Anders kann es nicht sein, denn schließlich wird einem angeblich größenwahnsinnigen Kreml-Chef nachgesagt, es ginge ihm um Eroberung von Land.

Doch der „Sturm auf Bachmut“ ist eine Erzählung im Narrativ des „russischen Angriffskrieges“, so wie auch jene, nach der der „russische Vormarsch auf Bachmut stockt“. Diese Geschichten bedienen lediglich den Erzählraum für die westlichen Bevölkerungen. Denn wenn ein Vormarsch den Zielen, zum Beispiel Entmilitarisierung nicht dienlich ist, warum sollte man dann einen solchen betreiben? Die Militäroperation um Bachmut herum ist mit den üblichen Mustern militärischer Operationen nicht zu beschreiben.

 

Bachmut ist im Grunde eine Falle, aber eine die nicht einmal von der russischen Seite aufgestellt wurde. Nein, die Ukraine und ihre Berater haben diese Falle selbst installiert. Sie sind Gefangene ihrer eigenen Propaganda. Bei der alles auf das Simpelste heruntergebrochen wird. Nach der es um Gebietserwerb, um Eroberungen geht. Was das Militärische betrifft, ist Russland in einer hervorragenden Situation. Es wartet an der Falle auf den Gegner, eine Falle die sich der Gegner selbst gebaut hat und dort vernichtet sie ihn. Vorrangig in Bachmut wird gegenwärtig die Ukraine demilitarisiert.

 


Russische Desinformation?


Vor Wochen veröffentlichten russische Quellen ein „erbeutetes“ Dokument russischer Hacker der so genannten Gruppe „Anarchist Kombatant“. Quelle des Dokuments soll das Personalzentrums der ukrainischen Streitkräfte sein und ursprünglich gerichtet war es an den Generalstabschef der ukrainischen Streitkräfte. Aus dem Anhang erfährt der Leser die Zahl der toten ukrainischen Soldaten, die (Stand: 30. November 2022) als vermisst galten: 35.382 Soldaten.

Es handelt sich um Soldaten, deren Leichen auf dem Schlachtfeld zurückgelassen wurden. Sie wurden nicht nach Hause gebracht und begraben. Ihre Familien werden keine Entschädigung erhalten, weil sie als vermisst gelten. Bei den meisten handelt es sich um Soldaten der Landstreitkräfte der Streitkräfte der Ukraine, 667 Blätter mit Namen, Vornamen und Geburtsdaten. Hinzu kommen die Verteidigungskräfte (546 Blätter), die amphibischen Angriffstruppen (398), die Sondereinsatzkräfte (316) und die Vertreter der Marine (242 Blätter) (b1, 2).

 


Die Kiewer Regierung tut ihr Bestes, um die tatsächlichen Verluste der ukrainischen Armee zu verschleiern. Zuvor hatte die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen verlauten lassen, dass sich die Gesamtzahl der toten Soldaten der ukrainischen Streitkräfte auf etwa 100.000 beläuft (3).

Der Berater des ukrainischen Präsidenten, Michail Podoljak, versicherte später, dass die Zahl der Toten „nur“ etwa 13.000 Soldaten betrage (4). Zelensky reduzierte seinerseits die Zahl nochmal auf 8.000, ungeachtet der Tatsache, dass der ukrainische Generalstab bereits im Sommer von 9.000 Toten gesprochen hatte (5).

 

Desinformation aus dem Pentagon?


Wer kennt Stephen Bryen? In den USA ist er als politische Figur, als Analyst wohl bekannt. Auch seine Verbindungen zum Pentagon sind bekannt. Zweimal wurde Bryen mit der Distinguished Public Service Medaille geehrt, das ist die höchste zivile Auszeichnung, die vom US-Kriegsministerium vergeben wird (6). Er ist Präsident des Rüstungskonzerns Leonardo und war unter US-Präsident Ronald Reagan stellvertretender Kriegsminister. Bryen ist ein Falke, der maßgeblich gegen Irak, Syrien und Libyen intrigierte und er war an der Ausarbeitung der sogenannten Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI) beteiligt (7). Stephen Bryen betreibt ganz sicher keine russische Propaganda. Was also veranlasst ihn dann, folgendes zu äußern?

„Für die Ukraine mag es so aussehen, als ob sie gewinnen würde. Das Gegenteil ist die Wahrheit, denn der Ukraine gehen die Arbeitskräfte aus, die sie nicht ersetzen kann. Sie verliert durch Zermürbung auf dem Schlachtfeld, und da die Russen systematisch die Infrastruktur des Landes zerstören, sind Millionen von Ukrainern ins Ausland geflohen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich das Land erholen könnte, selbst wenn der Krieg morgen zu Ende wäre.“ (8)

Mit „Arbeitskräften“ — der Begriff wird übrigens sowohl von der russischen als auch von der ukrainischen Seite ebenfalls verwendet — sind in diesen Kontexten die Soldaten gemeint.

Die enorm hohe Zahl von 100.000 die von der Leyen im Rahmen einer sicher sorgfältig ausgearbeiteten Rede vom Zettel ablas, deutet auf weitere düstere Fakten hin. Die Faustregel bei der Schätzung von Opfern militärischer Auseinandersetzungen lautet, dass auf jeden toten Soldaten wahrscheinlich drei Verwundete gezählt werden. Im besprochenen Konflikt, in dem die Opfer größtenteils durch Artillerie und Raketenbeschuss verursacht werden, muss dieser Faktor eher höher als niedriger angesetzt werden.

Desweiteren sprechen weitere Quellen, zum Beispiel der russische Analyst Andrej Martjanow von zehntausenden vermissten, ukrainischen Militärangehörigen. Vermisst kann bedeuten, dass diese Menschen heimlich das Land verlassen haben, desertiert sind, ihre Leichen nicht gefunden oder auch nicht gezählt wurden. Das sind schreckliche Zahlen und sie weisen auf die Katastrophe hin, welche sich für die ukrainische Armee abzeichnet (9). Das deckt sich mit dem, was die russische Hackergruppe veröffentlichte (siehe weiter oben).

Der ranghöchste Militärberater des US-Präsidenten ist derzeit Mark Milley. Selbst dieser deutete Anfang November auf 100.000 tote oder verletzte ukrainische Soldaten hin, was auf etwa 25.000 Getötete schließen ließe, ein mehrfaches der Zahlen, die aus Selenskijs Reihen verkündet wurden und werden (10). Doch hatte die Kiewer Regierung im Laufe des Jahres ein Millionenheer rekrutiert, von denen rein rechnerisch, wohl gemerkt nach Milleys Aussage, heute noch 900.000 einsatzfähig wären. Das ist wenig glaubwürdig, wenn man erfährt, dass die ukrainische Führung inzwischen Frauen, körperlich Eingeschränkte und Jugendliche „nachzieht“.

Oberst Douglas Macgregor, militärischer Berater im Pentagon in der Amtszeit des US-Präsidenten Donald Trump, gibt an, dass die ukrainischen Rekrutierungsbehörden damit begonnen haben, Jugendliche und arbeitsunfähgie Bürger einzuberufen:

„Jetzt versuchen sie, Jugendliche im Alter von 13, 14 und 15 Jahren und Behinderte zu mobilisieren. Sie kratzen buchstäblich die Reste raus.“ (11)

Glaubt man die vergleichsweise niedrigen Verlustzahlen aus dem Kiewer Präsidentenbüro, dann sind „Einberufungen“ wie die obigen ohne jeden Sinn. Vielleicht sollten wir unseren Glauben hinterfragen?

Der Befehlshaber der NATO-Streitkräfte im Krieg gegen Jugoslawien, US-General Wesley Clark, beschrieb gegenüber CNN in schwarzen Farben, was jetzt in Bachmut geschieht, ohne Raum für Missverständnisse zu lassen. Auch Clark ist also ein hoher Militär. Im Rahmen eines Interviews betonte er, dass die russische Armee die Ukrainer in eine Falle gelockt hat und sich die Region nun in eine „Meat Machine“ einen „Fleischwolf“ verwandelt hat! Die Fassungslosigkeit des CNN-Moderators ob der Nutzung dieser Begriffe war unübersehbar (12, 13).

Tatsächlich zeigen Fotos von der Bachmut-Front, dass die russischen Truppen Verteidigungslinien um die Stadt herum errichten — für einen „Sturm auf Bachmut“, wie uns unsere selbsternannten Qualitätsmedien glauben machen wollen? Nein, die russischen Militärs gehen davon aus, dass die NATO-ukrainische Seite auch weiterhin Soldaten in Bachmut verheizen wird. Verheizen zum Zwecke der Verkündung weiterer Siege an der Propagandafront.

Die Entwicklung ist ein Albtraum für die Ukrainer. Der russische Militärbefehlshaber Surowikin will ukrainische Angriffe provozieren, um noch größere Verluste zu verursachen … Die russischen Stäbe wollen nicht, dass irgendjemand dem „Fleischwolf“ entkommt, meint Clark. Aber sie brauchen es auch gar nicht wollen. Zum ersten Mal während der Offensivoperationen errichtet die russische Armee seit dem Herbst Verteidigungsanlagen rund um die Stadt. Aber die Stadt ist nicht eingeschlossen. Korridore für den Zugang sind vorhanden, für Verstärkungen an Mensch und Material. Wie die Lemminge rennen die Ukrainer in die Falle ihrer selbt ernannten „Festung Bachmut“.

Man schätzt, dass täglich über eintausend Angriffe mit Mörsern, MLRS (Mehrfachraketenwerfern), Artillerie und Luftwaffe auf die ukrainischen Streitkräfte in und um Bachmut durchgeführt werden. Gleichzeitig haben sich die Zufahrten zur Stadt praktisch in eine Wüste verwandelt. Clark betonte im Interview, dass die Aktionen der russischen Armee die Ukraine zwingen würden, sich an den Verhandlungstisch zu setzen:

„Die gegnerische Seite versucht, ihre Kampfkraft irgendwie zu konzentrieren. Deshalb haben sie sich auf Bachmut fokussiert. Wenn sie die Stadt einnehmen, erhalten die Russen Zugang zu Kramatorsk und Slawjansk. Die Stadt dient auch als eine Art Feuersack, um die ukrainischen Streitkräfte zu töten. Das ist das Ziel der Russen. Wenn die russischen Truppen Bachmut einnehmen, wird Putin gewinnen!“ (12i)

Wobei diese Schlussfolgerung widersprüchlich ist. So zynisch es auch klingen mag: Bachmut NICHT einzunehmen spielt der russischen Strategie viel besser in die Hände. Denn nicht nur, dass die Personaldecke des Gegners ausgedünnt wird. Es handelt sich bei Bachmut auch um eine Verschrottungsanlage für NATO-Kriegstechnik, um ein Absaugen von NATO-Ressourcen. Die Kampftechnik aus dem US-geführten Bündnis wird inzwischen auch nur noch dosiert nach Osten geleitet, weil durch sehr gezielte russische Luftangriffe immer wieder die Logistik für den Transport empfindlich gestört wird. Das ist schließlich auch der Zweck des energetischen Krieges, den Russland in der Ukraine führt (14).

Der US-General sagte weiter:

„Russische Einheiten üben schweren Druck auf die Streitkräfte der Ukraine in Bachmut aus. Die Russen ersticken sie und lassen sie bluten. Und wenn die ukrainische Seite zu einem Waffenstillstand aufruft, bevor ihre Kräfte aus Cherson verstärkt werden, wird Putin gewinnen.“ (12ii)

Das ist nicht Putins Krieg, daher gewinnt diesen auch nicht Putin. Aber es geht auch nicht vordergründig um Verstärkungen aus Cherson, sondern um eine vollständige Entwaffnung der Ukraine. Wenn die ukrainische Seite zu einem Waffenstillstand aufrufen sollte, ist es auch noch nicht so weit, dass dieser umsetzbar wäre. Wenn der Waffenstillstand allerdings angeboten würde, dann hieße das, dass Kiew im wahrsten Sinne des Wortes die Arbeitskräfte vollständig ausgegangen sind. Ein denkbarer Fall wäre dann auch der, dass russische Truppen irgendwann Bachmut besetzen — und das ohne die Stadt zuvor erobern zu müssen.

In etwa zur gleichen Zeit hatte der stellvertretende Leiter von Donezk, Denis Puschilin, erklärt, dass sich russische Einheiten darauf vorbereiten, Bakhmut einzukesseln. Man beachte: einzukesseln, nicht zu stürmen. Dazu werden auch nicht einfach junge Wehrpflichtige eingesetzt, sondern erfahrene Reservisten und Berufssoldaten (12iii, 15).

Anfang Dezember schickte Kiew neue Verbände in die Stadt, um die Stellungen angesichts der hohen Opferzahlen wieder zu verstärken. Der Kommandeur des ukrainischen Svoboda-Bataillons der ukrainischen Nationalgarde, Petr Kuzyk, dessen Einheit in Bachmut kämpft, erklärte gegenüber britischen Journalisten, dass die Soldaten in Gräben kämpfen müssen, aus denen sie nicht einmal die Leichen bergen können. Die Kämpfter ständen bei kaltem Wetter knietief im Wasser. Auf die Frage nach den Verlusten in den Reihen der ukrainischen Armee räumte Kuzyk ein: „Sie sind kolossal. In Bakhmut zählen wir nicht einmal mehr im Einzelnen.“ Um hinzuzufügen:

„Die Felder, die Wälder vor den Stellungen sind mit Leichen übersät. Ich habe sie beobachtet: Sie schleppen ihre Leute zurück, um sie zu begraben, ziehen ihre warmen Pullover aus und beginnen, sie sich selbst anzuziehen.“ (12iv)

Ein weiteres Problem besteht darin, dass verwundete Soldaten ohne angemessene medizinische Versorgung auf dem Schlachtfeld verbleiben und niemand sie evakuiert, da es niemanden und nichts gibt, der das übernehmen könnte. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Zaluzny ordnete an, den Militärsanitätern der ukrainischen Streitkräfte die gepanzerten Sanitätsfahrzeuge der NATO zu entziehen, die für die Evakuierung der Verwundeten bestimmt waren. Jetzt transportieren sie damit Munition und benutzen die Gefährte außerdem als gepanzerte Mannschaftstransporter (12vi).

Das weist seinerseits darauf hin, dass die ukrainische Armee nicht nur ein Problem mit menschlichen Verlusten hat, sondern auch ihre militärtechnische Ausrüstung zunehmend mangelhaft ist. Nicht zufällig sieht man neuerdings Pick-ups mit aufgepflanzten Maschinengewehren oder leichten Geschützen in den Beständen des Kiewer Militärs. Doch ohne jede Panzerung sind diese Gefährte und ihre Besatzung für den Abschuss aus fast jeder Waffe oberhalb von Handfeuerwaffen freigegeben (16).

In der 30. Brigade beispielsweise beliefen sich die Verluste am 26. und 27. November auf mehr als 250 Soldaten, die in den Schützengräben starben. Die örtlichen medizinischen Einrichtungen sind mit Verletzten überfüllt. Die Krankenhäuser haben einfach nicht mehr genug Betten. Die Verwundeten werden in Gängen und Lagern untergebracht (12vii).

Ende November wurde über die Medien gemeldet, dass die Ukraine wegen des zunehmenden Männermangels mehr als 50 000 Frauen mobilisiert hat. Nach Angaben der Sprecherin der Werchowna Rada der Ukraine, Olena Kondratjuk, dienen mehr als 50.000 Frauen in den Streitkräften der Ukraine. Davon sind mehr als 3.000 an der Front (17).

Die Verwundeten ukrainischen Soldaten wurden bislang in Notlazaretten erstversorgt, um dann in Krankenhäuser in der vom Krieg deutlich weniger gezeichneten Westukraine transportiert zu werden. Nun gibt es große Probleme mit der Energieversorgung im Osten und ebenso mit der Transportlogistik für die Verwundeten. Das ist vor allem für die vielen Schwerverwundeten, deren Versorgung gewisse Standards erfordert, eine absolute Katastrophe.

„Die Intensität der Explosionen und Schrapnelle von Artillerie, Raketen und Drohnen hat nach ukrainischen Angaben die Anforderungen der NATO-Versorgungsstufen 3 und 4 für eine intensive Krankenhausbehandlung erfüllt. Die Krankenhäuser, die nach diesen Standards arbeiten, befinden sich alle von Kiew aus in Richtung Westen bis nach Lemberg, auch über die Grenze nach Polen.“ (18)

Eine US-amerikanische Quelle berichtete Anfang Dezember:

„Ich habe ein NATO-Krankenhaus der Stufe III auf dem Flugplatz Kandahar versorgt. Es ist unmöglich, in Bakhmut, geschweige denn im Liman-Sektor, eine Versorgung auf diesem Niveau zu gewährleisten. Die logistische Unterstützung, die erforderlich ist, um auch nur eine Versorgung auf dem Niveau eines NATO-Stützpunktes zu gewährleisten, ist immens. Generatoren, Treibstoff, Kühlung, Medikamente, Diagnosegeräte, Blutplasma — all das muss ständig nachgefüllt und rund um die Uhr gewartet werden.“ (19, 18i)

und weiter:

„Ich erinnere mich an die Panik, als der Generator ausfiel und uns gesagt wurde, dass wir weniger als zwei Stunden Zeit hätten, um ihn zum Laufen zu bringen oder einen Ersatz zu beschaffen, bevor das Blut und die Medikamente schlecht würden — und wir standen nicht annähernd so unter Beschuss wie die Soldaten an der Donbass-Front. Wir hatten auch nicht annähernd so viele logistische Probleme zu bewältigen. Diese ukrainischen Hilfsstationen und Krankenhäuser werden in Kürze ein Alptraum sein, wenn sie es nicht schon sind. Wäre ich ein Russe, würde ich keinen Kontakt zu den Gefangenen haben wollen. Dort wird es von wer-weiß-was wimmeln.“ (18ii)

Wenn es keine Ukrainer mehr zum Verheizen gibt: Wie viele polnische Söldner werden wohl noch bereit sein, den Job ohne Wiederkehr zu übernehmen? Aus Polen wurde bekannt, dass, Stand Ende November 2022, möglicherweise bereits 1.200 polnische Soldaten als Freiwillige im Ukraine-Konflikt umgekommen sind (20).

 

Was haben wir nun von dieser Analyse?


Nichts an diesem Krieg ist edel. Nichts an ihm verteidigt, von westlicher Seite aus gesehen irgendwelche fiktiven, „höheren“ Werte. Die westliche Seite ist „unsere“ Seite, sie gilt es zu hinterfragen. Der Krieg ist eine schmutzige, blutige, tödliche Angelegenheit. Für die Menschen in Russland wie in der Ukraine ist das alles eine Tragödie.

Seit Jahren verliert die Ukraine ihre Menschen. Die Einwohnerzahl war bereits vor dem Februar 2022, innerhalb von 20 Jahren von 52 Millionen auf 42 Millionen geschrumpft (21). Diese 42 Millionen sind wahrscheinlich geschönt und schließen auch noch die auf der Krim und im Donbass ein, sodass der Schwund noch viel größer sein dürfte. Statistisch gesehen kommen auf ein Neugeborenes zwei Verstorbene. Millionen Ukrainer hatten bereits vor dem militärischen Eingreifen Russlands ihr Land verlassen, die meisten davon in Richtung Russland (!) (22).

Seit Februar 2022 hat sich der Exodus verstärkt. Möglicherweise 16 Millionen Menschen gingen in Richtung West- und Mitteleuropa, aber auch nach Russland. Gleichzeitig sterben Hunderttausende junge ukrainische Männer an den Fronten oder kehren als Invaliden nach Hause zurück. Für fragwürdige propagandistische Siege, aber auf Kosten der ukrainischen Nation werden sie von der Selenskji-Regierung verheizt und das wird eine riesige demografische Lücke hinterlassen (16i).

Politiker die dem Krieg das Wort reden, die nach mehr und schwereren Waffen gieren, sind unwählbar - eigentlich unwählbar.

Medien, die diesen Politikern nach dem Mund reden, die es versäumen, kritisch und umfassend die Hintergründe, Ursachen und Vorgeschichte zur Sprache zu bringen, Leute welche einer Eskalation den Vorrang vor der Deeskalation geben, berichten nicht, sondern sind aktiver Teil der Kriegspropaganda.

Der größte Sieg im aktuellen Ukraine-Konflikt wäre die umgehende Beendigung der militärischen Auseinandersetzungen. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Was jedoch als realistisch gelten darf, ist unser tägliches Engagement im Sinne einer Schaffung von Frieden ohne Waffen. Dafür bedarf es des Erkennens und dann des Verstehens der in den Konflikt verstrickten Seiten. Dieses, unser Land und seine Menschen sind sehr wohl in den Konflikt verstrickt und die überragende Ursache dafür mag Ihnen so banal wie unglaubwürdig vorkommen.

Es ist der über Jahrzehnte hinweg geschürte Russenhass, eine Ideologie der Spaltung von Gesellschaften. Diese Russophobie wird jeden Tag von Ideologen, Politikern und Medien geschürt, mal subtil, mal offen-aggressiv. Und sie hat sich wie ein Gift in den Köpfen eines Großteils der Bevölkerung festgesetzt.



Die umfassende, latente Manipulation hat es möglich gemacht, dass ein Krieg gegen Russland irgendwie gut sein und um jeden Preis gewonnen werden muss. „Zur Not“ auch mit der Auslöschung einer ganzen Generation ukrainischer Männer, mit dem Niederreißen von Lebensstandards, der Zerstörung von über viele Jahrzehnte gewachsenen Beziehungen - in der Ukraine und nicht zuletzt den zwischenstaatlichen Beziehungen zu Russland. Die selbst angezettelten und befeuerten Kriege werden dabei stets und sorgfältig aus dem Erzählraum verbannt.

Ideologien sind der Nährboden für Kriege. Deren Protagonisten verlangen blinden Glauben und Gehorsam, das Feinbild inbegriffen. Diese Ideologien zu demaskieren, auf mutige wie friedliche Art auch im Alltag, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Verbreitung von Fakten wie obiger, die uns auf das Grauen des Krieges stoßen, wie auf den Zynismus der Kriegstreiber darf gern hinzukommen.

Bitte bleiben Sie schön aufmerksam, liebe Leser.

 

Anmerkungen und Quellen


(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen – insbesondere der deutlich sichtbaren Verlinkung zum Blog des Autors – kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei internen Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 2. Januar 2023.
(a1) Alle Übersetzungen erfolgten unter Zuhilfenahme von DeepL.com
(1) 20.12.2022; ARD-Tagesschau; Selenskyj: Russland hat bald 100.000 Soldaten verloren; https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-dienstag-193.html#Soldaten
(2) 19.12.2022; Southfront; More Than 35,000 Dead Ukrainian Servicemen Considered Missing – Leaked Document; https://southfront.org/more-than-35000-dead-ukrainian-servicemen-considered-missing-leaked-document/
(3) 30.11.2022; Mehr News Agency; EU chief’s comment on Ukrainian military losses retracted; https://en.mehrnews.com/news/194329/EU-chief-s-comment-on-Ukrainian-military-losses-retracted; Originalton: https://youtu.be/NHeJFycCrhc
(4) 20.12.2022; Deutscher Bundeswehr-Verband, dpa; Selenskyj: Russen erleiden hohe Verluste – Die Nacht im Überblick; https://www.nzz.ch/international/ukraine-krieg-selenski-berater-podoljak-zu-offensive-und-winter-ld.1702495
(5) 15.09.2022; Neue Züricher Zeitung; Ivo Mijnssen; „An der Front führen wir erfolgreich einen kreativen Krieg. Wir lassen sie ausbluten; https://www.nzz.ch/international/ukraine-krieg-selenski-berater-podoljak-zu-offensive-und-winter-ld.1702495
(6) Gatestone Institute; Stephen Bryen; https://www.gatestoneinstitute.org/biography/Stephen+Bryen; abgerufen: 27.12.2022
(7) Yorktown Institute; Stephen Bryen, Senior Fellow; https://yorktowninstitute.org/fellows/stephen-bryen/; abgerufen: 27.12.2022
(8) 01.12.2022; Asia Times; Stephen Bryen; Ukrainian military casualties are big trouble for Biden; https://asiatimes.com/2022/12/ukrainian-military-casualties-are-big-trouble-for-biden/
(9) 01.12.2022; Meaning in History; Mark Wauck; A Bit More Regarding Ukrainian Casualties; https://meaninginhistory.substack.com/p/a-bit-more-regarding-ukrainian-casualties
(10) 11.11.2022; Merkur; Fabian Müller; Verluste im Ukraine-Krieg: US-General nennt 200.000 getötete oder verwundete Soldaten; https://www.merkur.de/politik/ukraine-krieg-verluste-russland-soldaten-getoetet-verwundet-us-general-selenskyj-putin-91906557.html
(11) 27.12.2022; Ukraine will Frontalzusammenstoß zwischen NATO und Russland – RT DE; https://de.detv.us/2022/12/27/ukraine-will-frontalzusammenstoss-zwischen-nato-und-russland-rt-de/; Zitat aus: 24.12.2022; Straight Calls with Douglas Macgregor; https://www.youtube.com/watch?v=CrgNkEPTmIQ
(12 bis 12ii) 06.12.2022; TGR; Alexander Mercouris; WESLEY CLARK: “BAKHMUT IS A MEAT GRINDER – THE RUSSIANS LED THE UKRAINIANS INTO A TRAP”; https://blog.thegovernmentrag.com/2022/12/06/wesley-clark-bakhmut-is-a-meat-grinder-the-russians-led-the-ukrainians-into-a-trap/
(13) 01.12.2022; Meaning in History; A Bit More Regarding Ukrainian Casualties; https://meaninginhistory.substack.com/p/a-bit-more-regarding-ukrainian-casualties
(14) 17.12.2022; Strategic Culture; Pepe Escobar; News From the NATOstan-Imposed Meat Grinder; https://strategic-culture.org/news/2022/12/17/news-from-the-natostan-imposed-meat-grinder/
(15) 01.12.2022; A Son of The New American Revolution; Larry Johnson; More Information About Ukraine’s Military Deaths; https://sonar21.com/more-information-about-ukraines-military-deaths/
(16, 16i) 27.12.2022; Top War; Sensitive information: losses of the Armed Forces cause depopulation of the country; https://en.topwar.ru/207509-chuvstvitelnaja-informacija-poteri-vsu-vyzyvajut-depopuljaciju-strany.html
(17) 05.12.2022; Express.co; Ukraine-Liveblog; Alessandra Scotto di Santolo; Die Frontlinie in Bakhmut ist mit Leichen übersät und die Verluste sind kolossal; https://www.express.co.uk/
(18 bis 18vii) 06.12.2022; John Helmer; General Patience And The Pause That Refreshes; http://johnhelmer.net/general-patience-and-the-pause-that-refreshes/#more-70342
(19) Dezember 2011; NIH; Canadian Journal of Surgery; The Role 3 Multinational Medical Unit at Kandahar Airfield 2005-2010; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3322658/
(20) 29.11.2022; R.Republicworld.com; Zaini Majeed; Poles Killed In Strike Get ‘American’ Burial, 1,200 Poles Buried Died In Ukraine: Report; https://www.republicworld.com/world-news/russia-ukraine-crisis/poles-killed-in-strike-get-american-burial-1200-poles-buried-died-in-ukraine-report-articleshow.html
(21) https://en.wikipedia.org/wiki/Ukraine#Demographics; abgerufen: 02.01.2023
(22) https://de.wikipedia.org/wiki/Ukraine#Bevölkerung; abgerufen: 02.01.2023
(b1) Dokument, Leak; Verlust31 ukrainischer Soldaten, Vermisste; Personalzentrum der ukrainischen Armee; Hackergruppe „Anarchist Kombatant“; 30.11.2022; Bildquelle: Southfront, https://s2.cdnstatic.space/wp-content/uploads/2022/12/AFU-1.jpg